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Interview aus aqua viva 2/2024
Eine Zukunft für die Europäische Sumpfschildkröte?
Die Europäische Sumpfschildkröte ist die einzige Vertreterin ihrer Gattung in Europa. Einst war sie im Schweizer Mittelland weit verbreitet. Heute sind die scheuen Tiere vom Aussterben bedroht. Für die Fortpflanzung benötigen sie intakte Feuchtgebiete und Magerwiesen – spezialisierte Lebensräume, die in der Schweiz auf der Roten Liste stehen.
Das Gespräch führte Christine Ahrend
«Die Lebensweise der Europäischen Sumpfschildkröte macht deutlich, wie wichtig es ist, Lebensräume zu vernetzen und eine Vielfalt an unterschiedlichen Strukturen zu schaffen. »
Salome Steiner, Geschäftsleiterin von Aqua Viva
Aqua Viva setzt sich für lebendige Gewässerlebensräume ein, damit bedrohte Arten wie die Europäische Sumpfschildkröte wieder bei uns Fuss fassen.
Frau Steiner, warum ist die Europäische Sumpfschildkröte in der Schweiz so selten?
Es ist schön, dass wir auch in der Schweiz eine heimische Schildkröte haben. Ein faszinierendes Tier, das exotisch anmutet und das wir hier gar nicht erwarten würden. Wie so viele an Gewässer gebundene Arten hat die Europäische Sumpfschildkröte aber einen schweren Stand. Entscheidend für ihr Überleben sind einerseits Feuchtgebiete mit offenen Wasserflächen und reicher Bepflanzung und andererseits Trockengebiete wie Magerwiesen für die Eiablage. Und diese Lebensräume sind in der Schweiz sehr selten.
Hat die Art bei uns eine Zukunft?
Die Lebensweise der Europäischen Sumpfschildkröte macht deutlich, wie wichtig es ist, Lebensräume zu vernetzen und eine Vielfalt an unterschiedlichen Strukturen zu schaffen. Die Aufwertung und Schaffung von Auengebieten sowie von Trockenstandorten ermöglichen es der Schildkröte, in der Schweiz wieder richtig Fuss zu fassen. Dies müssen wir konsequent angehen. Die Zukunft liegt also im Schutz und der Aufwertung des Lebensraumes.
Wo können wir die Europäische Sumpfschildkröte in der Schweiz beobachten?
Es gibt Vorkommen in 16 Kantonen, vor allem im Mittelland, im Tessin und in den niedrigen Lagen. Im Kanton Genf pflanzt sie sich auch fort. Die Population im Reservat Moulin-de-Vert gehört zu den grössten in Europa. Einen Besuch kann ich sehr empfehlen. Wer die Europäische Sumpfschildkröte beobachten will, kann sich auf der Karte lepus.infofauna.ch/carto einen Überblick über die Sichtungen in der Schweiz verschaffen.
Worauf gilt es zu achten, wenn man auf Schildkröten-Entdeckungsreise geht?
Schildkröten findet man vor allem in revitalisierten Auen mit Altarmen und Teichen. Sie sonnen sich gerne auf Baumstämmen, die im Wasser liegen. Die Tiere sind aber sehr scheu: Wenn sie sich gestört fühlen, lassen sie sich ins Wasser gleiten und tauchen ab. Und nicht jede Schildkröte, die man in der Schweiz entdeckt, ist eine heimische. Leider besiedeln auch eingeschleppte Arten wie die Rotwangen-Schmuckschildkröte die Schweizer Gewässer. Diese nordamerikanische Art wurde als Haustier in die Schweiz importiert und illegal freigelassen.