Bild: © Aqua Viva
Gewässer brauchen Raum – auch im Kanton Schwyz
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz weist die Gewässerraumfestlegung in Feusisberg als ungenügend zurück. Der Fall ist brisant, denn die Gemeinde hat sich auf Vorgaben des Regierungrats und des Schwyzer Umweltdepartements berufen, welche den gänzlichen Verzicht auf eine Gewässerraumausscheidung für viele Bäche als zulässig erachteten.
von Esther Leitgeb
Die Umweltverbände Aqua Viva, Pro Natura und WWF haben in einer gemeinsamen Einsprache dargelegt, welche Folgen ein zu kleiner Gewässerraum haben kann. Sie haben vor allem belegt, dass die Gemeinde Feusisberg die gesetzlichen Vorgaben des Bundes bei der Nutzungsplanung nicht eingehalten hat. Nun hat das Verwaltungsgericht den Umweltverbänden praktisch in allen Punkten zugestimmt.
Weil das fehlerhafte Vorgehen der Gemeinde auf einen Regierungsratsbeschluss und auf ein Merkblatt des Umweltdepartements des Kantons Schwyz zurückgeht, hat die Rüge Folgen für den ganzen Kanton. Sogar schweizweit dürfte das Urteil Beachtung finden: Kantone und Gemeinden haben zwar grosse Ermessensspielräume bei der Gewässerraumausscheidung, doch hinter die Vorgaben der Gewässerschutzverordnung kann nicht zurückgegangen werden und die Abwägung der Interessen muss transparent aufgezeigt werden. Nur so können die natürlichen Funktionen der Gewässer und der Hochwasserschutz gesichert werden.
Das Urteil hält nun die Gemeinde unter anderem an:
- auch bei kleinen und eingedolten Bächen oder Bachabschnitten eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, also den Sachverhalt vor Ort zu klären und die Interessenabwägung nachvollziehbar offenzulegen.
- den Gewässerraum überall nach den natürlichen Gerinnesohlenbreiten zu bemessen, nicht nach den heute bestehenden. Diese sind als Folge von Begradigungen und Verbauungen oft stark reduziert.
- die Gewässerräume auch an den grösseren Bächen, wie Biber oder Sihl, aufgrund der natürlichen Sohlenbreiten und des erforderlichen Raums für den Hochwasserschutz und die Revitalisierung festzulegen. Es darf nicht nur auf die Minimalvorgabe der Gewässerschutzverordnung abgestellt werden. Vielmehr muss die Breite des Gewässerraums erhöht werden, um die Funktionen des Gewässers zu sichern.
In ihrer Einsprache haben die Verbände auch den Kanton Schwyz kritisiert. Dieser will Bäche mit Sohlenbreiten unter 1,5 Meter pauschal als «sehr klein» einstufen, was den gänzlichen Verzicht auf eine Gewässerraumfestlegung möglich macht. Eine klare Entscheidung, ob dieses – aus Sicht von Aqua Viva viel zu grosse – Mass bundesrechtskonform wäre, trifft das Verwaltungsgericht nicht. Von «grundsätzlich noch vertretbar» ist die Rede. Kurz darauf hält das Urteil aber fest, dies ginge zu weit, weil die Schwyzer Reglung von der «aktuellen Bachsohlenbreite» ausgeht. Dies würde bedeuten, dass ein Fliessgewässer selbst dann noch als «sehr klein» gelten könne, wenn dessen natürliche Gerinnesohlenbreite 2,25 Meter oder gar 3,0 Meter betrage (Korrekturfaktoren 1,5 bis 2). Wenn nötig wird Aqua Viva zu diesem Punkt weitere Fälle unter die Lupe nehmen. Dies umso mehr, als es das Bundesgericht in einem anderen Fall bereits bei einem Gewässer mit Sohlbreite von 80 Zentimeter als «fraglich» erachtet hat, ob dieses noch als «sehr klein» eingestuft werden könne.
Projekt "Lebendiger Dorfbach"
Bei Revitalisierungsprojekten werden oft grosse Fliessgewässer priorisiert. Doch gerade die kleineren Fliessgewässer machen in der Schweiz insgesamt 75 Prozent des Gewässernetzes aus. Genau hier setzen Aqua Viva und Feldschlösschen mit dem Projekt "Lebendiger Dorfbach" an. Gemeinden erhalten bei der Revitalisierung kleinerer Gewässer eine fachliche Beratung und eine Anschubfinanzierung von 20'000 Franken.