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Das Konzept Thur+ hält nicht, was es verspricht

Medienmitteilung - 14. Oktober 2020 - Frauenfeld

Mit dem Hochwasserschutzkonzept Thur+ sichert der Kanton Thurgau weder den Hochwasserschutz noch sorgt er für die Wiederherstellung artenreicher Lebensräume entlang der Thur. Dies ergibt eine Analyse der Umweltschutzorganisationen und Fischereiverbände. Sie bezeichnen das Konzept als unzureichend und fordern eine grundlegende Überarbeitung.

«Das Thur+ Konzept beruht zum Teil auf falschen Annahmen. Wir haben den Kanton seit zwei Jahren wiederholt darauf hingewiesen und sind überrascht, dass die beanstandeten Fehler bis heute nicht korrigiert wurden. Der Kanton verfehlt damit die gesteckten Ziele punkto Hochwasserschutz und Ökologie», sagt Christian Hossli, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Lebendige Thur (IG).

Das tragfähige Fundament fehlt
Die Hochwassersicherheit eines Flusses hängt in erster Linie mit der Grösse des Gewässerraums und der Geschiebemenge zusammen. Das vorliegende Konzept weist bei der Ermittlung beider Grössen erhebliche Mängel auf. So geht es von einer Geschiebemenge von 3'500 Kubikmetern pro Jahr aus. Der tatsächliche Wert dürfte jedoch laut Wasserbauexperten rund viermal höher liegen. Auch die Gewässerräume sind aufgrund falscher Berechnungsgrundlagen abschnittweise um bis zu 170 Meter zu klein. Laut der IG fehlt damit dem gesamten Konzept ein sicheres Fundament: Der Hochwasserschutz kann nicht langfristig gewährleistet werden.

Zu eng für Auenlebensräume
Ausreichend Raum ist nicht nur für den Hochwasserschutz, sondern auch für die Sicherung der Biodiversität und weiterer Funktionen einer Flusslandschaft entscheidend. Dies gilt insbesondere für die sechs Auengebiete von nationaler Bedeutung im Konzeptgebiet. Gemäss Auenverordnung gilt es, solche Gebiete bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufzuwerten. Doch statt dieser Pflicht nachzukommen, schränkt der Kanton den ohnehin zu gering bemessenen Gewässerraum durch sogenannte Reaktionslinien weiter ein. An diesen Linien wird die dynamische Entwicklung des Gewässers durch bauliche Massnahmen gestoppt. Der Thur fehlen im Querschnitt somit weitere 60 Meter für die eigendynamische Entwicklung. Lediglich etwa sechs der zwölf Auenkilometer könnten so im Rahmen von Thur+ ausreichend aufgewertet werden.

Unzulässige Gewässerraumfestlegung in Raten
Die ausgeschiedenen Gewässerräume sind nicht nur an vielen Orten zu klein, es ist zudem fraglich, ob sie je angewendet werden. Vorerst will der Kanton die Gewässerräume pauschal auf ein Minimum von beidseitig 15 Metern reduzieren und grundeigentümerverbindlich festlegen. Erst wenn zukünftig Revitalisierungen an einzelnen Gewässerabschnitten erfolgen, will der Kanton diesen Raum je nach Bedarf wieder verbreitern – und hierzu bereits festgelegte Eigentumsrechte neu verhandeln. Dieses Vorgehen widerspricht den Bundesgesetzen für Gewässerschutz und Raumplanung und würde in der Praxis zu grossen Konflikten führen. Rechts- und Planungssicherheit sind damit nicht gegeben.

Die IG fordert aus all diesen Gründen den Kanton dazu auf, das Konzept zu überarbeiten und auf solide Grundlagen zu stellen. Die Gewässerräume müssen ausreichend gross bemessen werden, damit die Hochwassersicherheit gewährleistet und das heute noch verbliebene Revitalisierungspotential ausgeschöpft werden kann. Die sich bietende Jahrhundertchance für eine sichere und lebendige Thur muss zwingend genutzt werden.

freie Bilder

Revitalisierte Thur - Bildrechte: Aqua Viva

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Tobias Herbst

Tobias Herbst

Bereichsleiter Kommunikation

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