Hände weg vom Rheinfall
Der Schaffhauser Kantonsrat hat am Montag die rechtlichen Grundlagen für ein zusätzliches Wasserkraftwerk am Rheinfall geschaffen. Dem Naturmonument droht damit der Verlust seines einzigartigen Erscheinungsbilds. Betroffen wären auch geschützte Lebensräume und bedrohte Arten. Ein für Aqua Viva nicht akzeptables Vorhaben.
«Die Menschen wollen den Rheinfall in seiner Einzigartigkeit erhalten und der Kanton muss diesen Willen endlich respektieren. Wo wenn nicht hier muss es auch für die Wasserkraftnutzung eine Grenze geben» sagt Martina Munz, Nationalrätin und Präsidentin von Aqua Viva.
Mit der Verabschiedung der Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes hat der Schaffhauser Kantonsrat die rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen für ein Wasserkraftwerk am Rheinfall geschaffen. Er ignoriert dabei die Empfehlungen der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) und übergeht den Willen seiner Bevölkerung, die sich bereits 1969 und erst 2014 mit Volksentscheiden gegen entsprechende Pläne wehrte.
Der Rheinfall wird mit dem Kraftwerk Neuhausen bereits zur Stromproduktion genutzt. Erst 2016 hat der Kanton dem Werk eine höhere Nutzwassermenge zugestanden, welche dem Rheinfall heute fehlt. Eine noch weitergehende Nutzung geht zu weit. Auch die ENHK warnte in ihrer Stellungnahme zum Projekt vor einer schweren Beeinträchtigung des Charakters des Durchflusses, der Dynamik und damit des einzigartigen Erscheinungsbilds des Rheinfalls.
Bis zu einem Drittel der Abflussmenge würde dem Rheinfall im Sommerhalbjahr entzogen. Von Oktober bis März wäre es sogar noch mehr. Lediglich 200 Kubikmeter pro Sekunde würden in diesem Zeitraum im Gewässer verbleiben – dies entspricht Niedrigwassern, die heute sehr selten bei extremer Trockenheit auftreten (siehe Bilder). Der Touristenmagnet mit nationaler Symbolkraft würde zur Restwasserstrecke degradiert.
Davon bedroht wäre auch eine Vielzahl von Gischt-Lebensräumen mit ihrer reichen Tier- und Pflanzenwelt. Der Rheinfall gehört seit 1983 zum Inventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung. Charakteristische und zum Teil bedrohte Algen-, Moos- und Fischarten sowie Makroinvertebraten würden durch die fehlenden Wassermengen stark beeinträchtigt.
Nicht akzeptabel ist ein Kraftwerk auch deshalb, weil der Rhein im Winter wenig Wasser führt und somit nur wenig Winterstrom produziert werden könnte. Und für den Rest des Jahres gibt es mit der Solarkraft nachhaltigere Alternativen zur Stromproduktion.
Die Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes knüpft die Kraftwerkspläne am Rheinfall an ein obligatorisches Referendum – eine zentrale Forderung von Aqua Viva. Die Bevölkerung hat somit das letzte Wort und dürfte ihre Haltung seit der letzten Abstimmung nicht geändert haben. Aqua Viva wird die Bevölkerung auch weiterhin dabei unterstützen, den Rheinfall als Naturschönheit ungeschmälert zu erhalten (Art. 22 WRG von 1916).