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Die vergessene Krise

Medienmitteilung - 7. April 2022 - Winterthur

In der Schweiz kämpfen immer mehr Pflanzen, Tiere und sogar ganze Lebensräume ums Überleben. Besonders betroffen: Unsere Gewässer und ihre Bewohner. Die Situation ist dramatisch, doch angemessene Massnahmen bleiben aus. In ihrem Jahresbericht 2021 kritisiert die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva, das fehlende Bewusstsein gegenüber biodiversitätsrelevanten Themen und eine Bundes-Politik, welche das Artensterben zusätzlich verschärft statt dagegen anzukämpfen.

„Um das Artensterben in und entlang unserer Bäche, Flüsse und Seen zu stoppen, müssen wir deren bereits massive Beeinträchtigung endlich anerkennen und der Natur etwas zurückgeben. Aal, Lachs und Co können sich nur dort erholen, wo sie wieder intakte Lebensräume vorfinden“, sagt Salome Steiner, Geschäftsleiterin von Aqua Viva.

Die Gewässerschutzorganisation kritisiert, dass in vielen Politikbereichen der Schweiz kein ausreichendes Bewusstsein für das Thema Biodiversität vorhanden ist. Gemäss einer aktuellen Studie betrifft dies insbesondere die Wirtschafts-, Energie- und Raumplanungspolitik. Trotz der zunehmenden Problemverschärfung hat die Aufmerksamkeit für biodiversitätsrelevante Themen in den letzten zwei Jahrzehnten nicht zugenommen.

Dies spiegelt sich auch in aktuellen Gesetzesvorhaben wieder. 2021 zielten mehrere Eingaben darauf ab, die Wiederherstellung intakter Gewässerlebensräume zu verhindern – beispielsweise die Motion Hösli / Stark mit weitreichenden Ausnahmeregelungen bei der Gewässerraumausscheidung. Auch auf Druck von Aqua Viva konnte die Motion in letzter Minute verhindert werden. Fehlende Gewässerräume gelten als eine der Hauptursachen für das Artensterben in und entlang unserer Bäche, Flüsse und Seen.

Aqua Viva bemängelt zudem den schleppenden Gesetzesvollzug. Besonders die Revitalisierungsvorgaben für Fliess- und Stillgewässer bieten die Chance, der Natur etwas zurückzugeben und neue Lebensräume für Lachs, Aal und Co zu schaffen. 4000 Kilometer müssen laut Gewässerschutzgesetz bis 2090 umgesetzt werden. Laut aktuellen Zahlen des BAFU verpassen wir beim aktuellen Umsetzungstempo die vorgegebene Frist jedoch um rund 145 Jahre.

Der Erhalt der letzten intakten Gewässer hat für Aqua Viva daher oberste Priorität. Auf dem Spiel stehen heutige Natur- und Landschaftswerte und die zukünftig letzten Rückzugsorte zahlreicher Arten. Letzteres gilt insbesondere für die Alpen. Mit den zunehmenden Temperaturen verschiebt sich die Verbreitungsgrenze von Arten weltweit nach oben. In der Schweiz lässt sich dies beispielsweise bei Steinfliegen oder Schmetterlingen beobachten. Aqua Viva engagierte sich daher 2021 auch für den Erhalt der einzigartigen Naturlandschaften im Trift- und Grimselgebiet. 

Still- und Fliessgewässer sowie Ufer- und Feuchtgebiete sind die am stärksten bedrohten Lebensräume der Schweiz. Lediglich bei den Fliessgewässern gelten noch neun Prozent der Lebensraumtypen als nicht bedroht. Rund zwei Fünftel der vom Aussterben bedrohten oder bereits ausgestorbenen Arten sind an diese Lebensräume gebunden. 75 Prozent unserer Fisch- und Krebsarten gelten als gefährdet oder sind wie der Lachs bereits ausgestorben. Und es kommen ständig neue Arten hinzu. 2021 wurde beispielsweise der Aal offiziell als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.

freie Bilder

Schaffäuli bei Neunforn, Thur - Bildrechte: Lou Goetzmann
Auenlandschaft Trift - Bildrechte: Aqua Viva

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Tobias Herbst

Tobias Herbst

Bereichsleiter Kommunikation

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